Obwohl sich die DDR in erster Linie als Staat der Arbeiter und Bauern verstand, geriet mit der Machtübernahme der SED auch das akademische Milieu in den Blickpunkt der Staats- und Parteiführung. In den Hochschulen des Landes sollten, wo möglich, verlässliche Parteikader die führenden Posten besetzen. Doch der Prozess der Politisierung der DDR-Universitäten dauerte länger als gemeinhin angenommen wird - die SED tat sich schwer mit der Übernahme der Kontrolle über das Hochschulwesen. Der Historiker Dr. Bertram Triebel hat sich diesen Prozess der Herrschaftssicherung am Beispiel der Bergakademie Freiberg genauer angeschaut. Im Rahmen seiner Dissertation untersuchte er, warum die SED mehr als zwanzig Jahre benötigte, um sich an die Spitze der Bergakademie zu setzen und um vor dort aus die Geschicke der Hochschule zu steuern. Wir haben ihn danach befragt.
"Forschungslücken weckten mein Interesse"
L.I.S.A.: Herr Dr. Triebel, Sie haben im Rahmen Ihres Dissertationsprojekts zur Geschichte der SED an der Bergakademie Freiberg geforscht. Nun liegt Ihre Arbeit in Buchform mit dem Titel „Die Partei und die Hochschule“ vor. Wie sind Sie zu diesem Thema gekommen? Was war das erkenntnisleitende Interesse?
Dr. Triebel: Die Bergakademie Freiberg hat 2015 ihr 250-jähriges Bestehen gefeiert. In Vorbereitung dieses Jubiläums hatte die Hochschule 2009 ein Graduiertenkolleg zur Geschichte der Bergakademie im 20. Jahrhundert ins Leben gerufen. Mir kam die Aufgabe zu, das Verhältnis von Politik und Hochschule in der DDR zu erforschen. Als ich mich in das Thema einarbeitete, fiel mir zweierlei auf. Zum einen stellte ich fest, dass in den Büchern zur Geschichte der Bergakademie die Rolle der SED – die allmächtige Partei in der DDR – nur am Rand vorkam. Zum anderen merkte ich, dass sich Historiker bislang nicht umfassend mit dem Wirken der SED an Universitäten beschäftigt hatten. Die vorhandenen Darstellungen beleuchteten die Herrschaft der Partei bis zum Mauerbau 1961. Was fehlte, war eine Geschichte der SED an einer Hochschule von ihren Anfängen in der Nachkriegszeit bis zum Ende während der Revolution 1989/1990. Diese Forschungslücken weckten mein Interesse, die SED an der Bergakademie Freiberg zu analysieren.