Dr. Valerie Lukassen war von 2010 bis 2014 Doktorandin im Integrated Track der a.r.t.e.s. Graduate School of the Humanities Cologne. Nach Abschluss ihrer Promotion arbeitet sie nun als Referentin im Albertus Magnus Graduate Center (AMGC) der Universität zu Köln. Ein Gespräch über die Liebe zur Wissenschaft, persönliche Stärken und das Angebot der a.r.t.e.s. Graduate School.
Liebe Valerie, vor etwa einem Jahr hast du deine Promotion mit einer interdisziplinären Arbeit zur „Edition und Kommentierung der einstimmigen Lieder Oswalds von Wolkenstein“ im a.r.t.e.s. Integrated Track abgeschlossen. Wie sollte es danach für dich weitergehen?
Ich hatte lange Zeit den Wunsch, in der Wissenschaft zu bleiben. Allerdings habe ich den Eindruck, dass mein Profil – halb in der Germanistik, halb in der Musikwissenschaft verankert – in meinem Fall nicht unbedingt förderlich war. In der Realität grenzen sich die Fächer, so mein Eindruck, immer noch klar voneinander ab. Interdisziplinarität zu fordern und zu fördern ist eine tolle Sache. Leider spiegelt sich dies erst selten im Angebot der festen, wissenschaftlichen Stellen wider. Im Laufe der Dissertation hat sich herauskristallisiert, dass ich mir ein zweites Standbein neben der Wissenschaft aufbauen sollte. Alles auf die Karte Wissenschaft zu setzen, war mir einfach zu riskant. Für mich persönlich hat sich das letztlich als richtige Entscheidung erwiesen.
Wie bist du vorgegangen?
Im Grunde habe ich schon lange vor meiner Dissertation angesetzt. Im Studium habe ich früh Praktika in bildungsnahen Einrichtungen gemacht, zum Beispiel bei der Kultusministerkonferenz oder beim DAAD in New York. Ich hatte immer im Hinterkopf, dass dieser Bereich eine Option für mich sein könnte, auch weil ich durch Erfahrungen wie diese nach und nach meine Freude am Organisieren und Managen entdeckt habe.
Welche Einblicke waren dabei besonders wichtig für dich?
Meine Mitarbeit beim Exzellenzantrag für die a.r.t.e.s. Graduate School hat im weiteren Verlauf eine ganz entscheidende Rolle gespielt. Das hat mir die Universität zu Köln als Institution von einer ganz anderen Seite begreifbar gemacht und mich mit verschiedenen Strukturen innerhalb der Verwaltung in Kontakt gebracht. Management pur habe ich außerdem während eines längeren Praktikums in einer großen Unternehmensberatung erlebt. Dort gab es durchaus Aspekte, die mir sehr gut gefallen haben. Allerdings hätte ich sehr viel an ökonomischem Wissen aufholen müssen. Weil ich aber meine Liebe zur Wissenschaft nie aufgegeben habe, habe ich mich dafür entschieden, näher an dem zu bleiben, wofür ich wirklich stehen kann und wo ich mit ähnlich intrinsisch motivierten, idealistisch handelnden Personen zu tun habe.
Welche Rolle hat dabei deine Studien- und Promotionszeit gespielt?
Es gibt ja Gründe, weshalb ein BWL-Studium für mich nicht interessant war. Ich glaube einfach fest daran, dass man über eine Auseinandersetzung mit Literatur, Kunst, Musik – Geisteswissenschaften eben – den Menschen viel besser verstehen kann. Gerade durch meine Praktika habe ich verstanden, dass Geisteswissenschaftler/innen eine ganz wichtige Perspektive in die Arbeitswelt hineinbringen. Man entwickelt sehr viele Metafähigkeiten, die man vielfältig einsetzen kann. Man stellt Dinge infrage. Gerade diese Fähigkeiten schätzen Beratungsfirmen an Geisteswissenschaftler/inne/n, aber dort fällt eben im Alltag eine ganze Menge der eigenen Interessen und Hintergründe einfach weg. Das konnte ich mir auf Dauer nicht vorstellen.
Hast du daraufhin ganz explizit nach Stellen im Wissenschaftsmanagement gesucht?
Genau. Die Stelle am Albertus Magnus Graduate Center (AMGC) hat dann besonders gut gepasst – auch weil ich vielleicht durch meine Praktika und Jobs unter den zahlreichen Bewerber/inne/n herausstechen konnte. Ein großer Pluspunkt waren außerdem meine Kenntnisse der Kölner Uni-Strukturen, insbesondere der Philosophischen Fakultät als wichtigem Player, und nicht zuletzt natürlich meine eigene Promotionserfahrung innerhalb eines strukturierten Programms wie dem a.r.t.e.s. Integrated Track.
Wie genau sieht dein jetziges Tätigkeitsfeld aus?
Ich bin eine von insgesamt vier Mitarbeiterinnen im AMGC. Daneben gibt es die Sprecherin Prof. Dr. Susanne Crewell und die Geschäftsführerin Dr. Katja Mertin. Mein Bereich ist eng mit meinem fachlichen Hintergrund verbunden, ich bin Referentin für Promotionen in den Geistes- und Sozialwissenschaften. In dieser Funktion berate ich Promotionsinteressierte sowie Doktorand/inn/en, organisiere große und kleine Veranstaltungen, stehe in engem Austausch mit den Zuständigen innerhalb der Fakultäten und der zentralen Verwaltung. Ein wichtiger Teil meiner Arbeit ist die Erstellung des AMGC-Workshop-Programms für Promovierende. Meine persönliche Promotionserfahrung sowie das eigenständige Arbeiten, die Kommunikationsfähigkeit und die kreativen Problemlösungsstrategien, die ich mir als Geisteswissenschaftlerin erarbeitet habe, sind mir dabei von enormem Nutzen. Das Schöne ist: Ich arbeite wirklich nah an der Wissenschaft, gestalte den Aufbau einer neuen Einrichtung mit und kann für die Doktorandinnen und Doktoranden etwas bewegen.
Möchtest du dir trotz allem die Möglichkeit offen halten, wieder in die Wissenschaft zurückzukehren?
Nicht zu den gegenwärtigen Bedingungen – die Beschäftigungsverhältnisse sind aus meiner Sicht zu prekär. Ich gehe dennoch immer wieder zu Konferenzen und Tagungen, die meinem Themenbereich entsprechen und stehe weiterhin in Kontakt mit der Fach-Community. Den wissenschaftlichen Austausch genieße ich jedes Mal sehr, trage auch gerne mit Vorträgen über meine Dissertation zum Programm bei. Aber ich bin sehr froh, eine Stelle mit Perspektive gefunden zu haben, in der ich das, was ich gerne tue und worin ich gut bin, einbringen kann. Besonders schätze ich an meiner Arbeit außerdem, dass sie sich dank des öffentlichen Dienstes – Gleitzeit, Möglichkeit des Teilzeitarbeitens – sehr gut mit meiner familiären Situation als Mutter von zwei kleinen Töchtern vereinbaren lässt. Die Uni Köln ermöglicht in diesem Bereich wirklich ziemlich viel.
Was rätst du den Doktorandinnen und Doktoranden bei a.r.t.e.s. im Hinblick auf ihr berufliches Vorankommen?
Ich kann den Doktorand/inn/en bei a.r.t.e.s. nur empfehlen, so viele Angebote wie möglich an der Uni Köln und der a.r.t.e.s. Graduate School zu nutzen – als Doktorand/inn/en-Sprecher/in, im Organisationsteam des a.r.t.e.s. forums oder des a.r.t.e.s. kunstfensters, als Teilnehmer/innen bei den diversen Workshops, in der Zusammenarbeit mit den verschiedenen Kooperationspartnern. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, sich einzubringen, und man kann sehr wertvolle Einblicke bekommen. Gerade während der Promotionsphase gelingt es viel besser, links und rechts zu schauen als hinterher im Job. Ich jedenfalls habe jene Zeit neben der Fertigstellung meiner Dissertation ganz bewusst als berufliche Orientierungs- und Qualifizierungsphase genutzt und bin damit sehr gut gefahren. Nicht zuletzt ist der Austausch mit den anderen Wissenschaftler/inne/n bei a.r.t.e.s. einfach in jeder Hinsicht unersetzlich – nicht nur bei forschungsorientierten Fragen. Auch beim Berufseinstieg kann es enorm helfen, wenn man sich einfach mal gegenseitig über die Bewerbungen schaut und sich bewusst macht, was man als Geisteswissenschaftler/in besonders gut kann.
Das Gespräch führte Silke Feuchtinger.