Der Siebenjährige Krieg (1756–1763) war ein Konflikt globalen Ausmaßes. In der Forschung zerfällt das Gesamtphänomen allerdings meist in zwei nur lose verbundene Teilkonflikte – den Krieg Friedrichs II. in Europa und die kolonialen Konflikte Großbritanniens, Frankreichs und Spaniens von Südasien bis Nordamerika. Eine zentrale Herausforderung besteht für die Forschung daher in der Verknüpfung und Zusammenschau der unterschiedlichen Kriegstheater. Die Tagung wird versuchen, Mikro- und Makrodimensionen von Ereignissen und Akteuren und von Prozessen und Strukturen in ihrem jeweiligen Wechselspiel zu beleuchten. Der Vorteil dieser verschränkten Zugangsweise liegt darin, die blühende mikrohistorische Erforschung von Kriegserfahrungen vor Ort nicht gegen sozial- und politikgeschichtliche Strukturnarrative (z. B. Staatsbildungskriege, Proto-Nationalismus) auszuspielen bzw. nicht in einer wechselseitigen Ignoranz zu verharren.
Der gleichzeitige Blick auf Mikro- und Makrodimensionen hat dabei einen räumlichen und einen zeitlichen Index, den es zu explizieren gilt, um keine analytischen Kurzschlüsse mit anderen heuristischen Szenarien zu produzieren. Die Betrachtung translokal verflochtener Geschichten wird dabei nicht ausgeschlossen, ganz im Gegenteil: Je nach Ereignis oder Akteursgruppe treten diese fast automatisch in den Blick, so etwa bei der Geschichte der amphibischen Belagerungsoperationen. Die Kategorienpaare ‚mikro/makro‘ und ‚lokal/global‘ sind jedoch keineswegs identisch oder auch nur strukturell homolog – nicht jedes Ereignis weist zwangsläufig eine verflochtene Geschichte auf. Vielleicht beförderte der Krieg in einigen Fällen sogar eher ein ‚dis-entanglement‘. Auch das wäre eine wichtige Weitung der Perspektive. Dem Siebenjährigen Krieg ist zeitlich immer wieder der Charakter einer Art von Labor, Sattelzeit oder Transformationsphase attestiert worden. Vieles blieb jedoch auch vergleichsweise konstant. Der projektierte Zugang der Tagung erlaubt diese Gemengelage von Tradition und Innovation empirisch auf den Prüfstand zu stellen und aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten.
Ort: München
Veranstaltungsort: Historisches Kolleg, Kaulbachstr. 15, 80539 München
Veranstalter: Professor Dr. Marian Füssel; Historisches Kolleg
Datum: 1.03.2018 - 03.03.2018
Anmeldeschluss: 16.02.2018
Programm:
Donnerstag, 1. März 2018
14:45 Uhr Begrüßung durch Frank Rexroth (Historisches Kolleg/Göttingen)
15:00 Uhr Marian Füssel (Göttingen/München): Einführung
Sektion I: Staat und Verwaltung
15:30 Uhr Erica Charters (Oxford, UK): Manpower and State Power: Counting Men during the Seven Years War
16:30 Uhr Kaffeepause
17:00 Uhr Stephen Conway (London, UK): Britain‘s Global Seven Years War
18:00 Uhr Horst Carl (Gießen): Der verwaltete Krieg – Okkupationserfahrungen im Siebenjährigen Krieg im Vergleich
Freitag, 2. März 2018
Sektion II: Belagerungen
9:00 Uhr Daniel Hohrath (Ingolstadt): Bastionen statt Schlachtfelder? Die schlesischen Festungen und ihre Belagerungen im Siebenjährigen Krieg
10:00 Uhr Sven Externbrink (Heidelberg/Göttingen): Der kürzeste Vormittag. Quebec 13. September 1759
11:00 Uhr Kaffeepause
11:30 Uhr Thomas Weller (Mainz): Clash of Empires? Die britische Eroberung von Havanna 1762 und die Folgen
12:30 Uhr Mittagspause
Sektion III: Diplomatie und Kommunikation
14:30 Uhr Mark Häberlein (Bamberg): Der Siebenjährige Krieg und das Kommunikationsnetz des Halleschen Pietismus
15:30 Uhr Marion Godfroy-Tyart de Borms (Caen, FR): France, The Duke of Choiseul and the Seven Year’s War
16:30 Uhr Kaffeepause
17:00 Uhr Lothar Schilling (Augsburg): Architekt und Werk? Kaunitz und die Große Koalition von 1756
18:30 Uhr Abendvortrag: Barbara Stollberg-Rilinger (Münster): „Das grosse Werck der Ecrasirung des Königs in Preussen“ – Wiener Perspektiven auf den Siebenjährigen Krieg
Samstag, 3. März 2018
Sektion IV: Zirkulationen und Rezeptionen
9:00 Uhr Tim Neu (Bochum): Global Credit. Die britische Finanzlogistik im Siebenjährigen Krieg
10:00 Uhr Diego Téllez Alarcis (Logrono, E): The Spanish Monarchy and the Seven Years War
11:00 Uhr Kaffeepause
11:30 Uhr Sascha Möbius (Berlin): Stereotype und Wissenstransfer: Die spanischen Militärbeobachter im Siebenjährigen Krieg
12:30 Uhr Schlussdiskussion
ca. 13:30 Uhr Tagungsende