Im Zuge des „Ulmer Prozesses“ von 1956, in dessen Verlauf elf ehemalige Aufseher des Konzentrationslager Auschwitz verurteilt worden waren, und der damit verbundenen öffentlichen Diskussion über die Justiz von NS-Tätern, bekam die Verfolgung von Kriegsverbrechern in der Bundesrepublik wieder neuen Schwung: Bereits zwei Jahre später beschlossen die Justizminister der Bundesländer, eine zentrale Ermittlungsbehörde in Ludwigsburg zur Verfolgung von deutschen Kriegsverbrechern einzurichten. Auf den Fahndungslisten der „Zentralstelle“ stand auch Klaus Barbie. Unmittelbar nach Gründung der Ludwigsburger Behörde sandten die Ermittler eine Anfrage an die US-Armee in Deutschland, in der die Deutschen nach dem aktuellen Aufenthaltsort Barbies fragten. Die Antwort lautete kurz und knapp, man habe mit dem Gesuchten seit 1951 jeglichen Kontakt verloren, sein gegenwärtiger Aufenthaltsort sei nicht bekannt.
Interessanterweise tauchte die Kasseler Polizei am 12. April 1961 in der Eichwaldstraße 83 auf, wo eine Verwandte von Barbie folgende Aussagen zu Protokoll gab:
„Ich weiß, dass der Beschuldigte damals beim amerikanischen Geheimdienst irgendwie angestellt und beschäftigt war. […] Ungefähr im Jahre 1949 besuchte Frau Anna Barbie (Barbies Mutter) meine Eltern und mich hier in Kassel. Bei dieser Gelegenheit erzählte die Tante, Klaus Barbie und seine Familie sei von Amerikanern ins Ausland verbracht worden.[…] Ich weiß, dass Klaus Barbie im Jahre 1948 […] in Augsburg im Stadtteil „Stadtbergen“ wohnte.[…] Im Sommer 1957 war die Ehefrau des Beschuldigten […] mit ihren zwei Kindern zu Besuch ohne den Beschuldigten in Trier bei ihren Verwandten (Mutter und Schwiegermutter). […] Dort war Frau Barbie mit ihren Kindern fast ein halbes Jahr zu Besuch. […] Das war etwa im Februar 1958. […] An dem genannten Tag war ich anwesend und erfuhr auch von Frau Barbie selbst, dass sie nach Bolivien zurückfahren wolle. […] Die Ortschaften weiß ich nicht mehr anzugeben, außer in einem Falle. Das war die Stadt La Paz.“
Auch nannte Frau Bouness den Ermittlern der Staatsanwaltschaft Kassel Barbies alias-Namen „Altmann“, doch trotz dieser überaus aufschlussreichen Informationen versickerten die Ermittlungen gegen Barbie im Sand der Bürokratie. Dabei hatte die Staatsanwaltschaft in Kassel nach einjährigen Ermittlungen bemerkenswerte Ergebnisse zusammentragen können: Die Amerikaner hätten Barbie in einem beschlagnahmten Haus in Augsburg, Stadtteil „Stadtbergen“, beschäftigt; Barbie sei, dank der Hilfe des amerikanischen Geheimdienstes, nach La Paz entkommen – und obwohl den deutschen Behörden solche detaillierte Angaben vorlagen, gerieten die Ermittlungen ins Stocken. Nach monatelangem Stillstand leitete die Kasseler Staatsanwaltschaft die Akte im August 1965 an die Augsburger Kollegen weiter, da Augsburg inzwischen als letzte Adresse Barbies angesehen wurde. Die Augsburger Staatsanwaltschaft entschied wiederum, nachdem am 20. August durch das Amtsgericht in Augsburg ein Haftbefehl gegen Barbie erlassen worden war, dass die deutschen Ermittlungsbemühungen an ihre Grenzen gestoßen seien, da Barbie durch ein Urteil des Ständigen Militärgerichts in Lyon bereits am 25. November 1954 in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden war und damit ein Verfahrenshindernis nach Art. 3 II und IIIb des Überleitungsvertrages gegeben sei.
Die unkoordinierte, von Zufälligkeiten geprägte Fahndung und Identifizierung Klaus Barbies bildete nicht die Ausnahme, sondern die Regel bei der Suche nach geflüchteten NS-Verbrechern im Ausland. Es gab in diesen Fällen kein etabliertes Fahndungsverfahren. Die Interpol lehnte eine Zusammenarbeit mit dem Argument ab, es handele sich bei NS-Verbrechen um politisch motivierte Taten. Die deutsche Abteilung der Interpol im Bundeskriminalamt begrüßte diese Verweigerungshaltung, was angesichts der Vergangenheit der zuständigen Personen nicht verwundert. Selbst wenn ein Haftbefehl vorlag, scheuten die Behörden häufig vor einem zeit- und kostenaufwendigen Fahndungs- und Auslieferungsverfahren zurück, das nicht selten außenpolitische Spannungen nach sich zog. Die Zurückhaltung staatlicher und supranationaler Institutionen rief, auch im Fall Barbies, letztendlich nichtstaatliche Akteure auf den Plan, die sich der „Nazi-Jagd“ aus unterschiedlichen Motiven verschrieben. So erinnerten sich die deutschen Behörden erst 1970, anlässlich der Ergebnisse der Eheleute Klarsfeld, wieder an den „Fall Barbie“ und sahen sich aufgrund des zunehmenden öffentlichen Drucks dazu veranlasst, die Ermittlungen gegen Barbie neu aufzurollen, nachdem das Ermittlungsverfahren am 20. März 1967 vorläufig eingestellt worden war.
Dass ein Prozess gegen Klaus Barbie letztendlich doch noch realisiert wurde, war vor allem der öffentlichen Publicity zu verdanken, die die Eheleute Klarsfeld zu Beginn der 1970er Jahre mobilisieren konnten, und die bereits der Anlass für das französische Auslieferungsersuchen durch Pompidou im Jahr 1972 gewesen war. Nachdem die „Nazijäger“ erfahren hatten, dass die Staatsanwaltschaft München unter Vorsitz von Staatsanwalt Rabl am 22. Juni 1971 die Verfolgung des ehemaligen Gestapo-Chefs aus Mangel an Beweisen endgültig „auf Eis“ gelegt hatte, erstellten sie Dossiers über Barbies Verbrechen in Frankreich, die sie an alle internationalen Nachrichtenagenturen und Résistance-Vereinigungen in der Gegend von Lyon sandten.
Beate Klarsfeld, die ihre „Protestwut“ nach eigenen Angaben aus dem generationenübergreifenden „Resistance Spirit“ schöpfte, organisierte Ende September 1971 eine Protestfahrt Lyoner Widerstandsgruppen nach München zur Übergabe eines Memorandums an den zuständigen Staatsanwalt.
Aufgrund des Münchner Protestes von Klarsfeld und der Auschwitz-Überlebenden Benguigui, deren drei Söhne von Barbie deportiert- und in Auschwitz getötet worden waren, und der Aussagen von Raymond Geissmann, dem Direktor der Abteilung Süd der Union Générale des Israelites de France (UGIF), nahm der Münchener Staatsanwalt Manfred Ludolph, der Vorgesetzte Rabls, den Fall am 1. Oktober 1971 wieder auf. Den nötigen Beweis, dass es sich bei dem bolivianischen Staatsbürger Klaus Altmann um den gesuchten NS-Kriegsverbrecher Klaus Barbie handelte, lieferte eine Untersuchung des Instituts für Anthropologie und Humangenetik der Ludwig Maximilians-Universität München am 20. Dezember 1971. Das Gutachten bestätigte auf Basis einer Bildtafelanalyse, dass es sich bei Altmann tatsächlich um Barbie handelte. Der zuständige Gutachter, Prof. Dr. Dr. Ziegelmayer, hielt in seinem Abschlussbericht fest:
„Unter der Voraussetzung, dass der auf den Bildern a, b und c der Tafel II wiedergegebene Klaus Altmann nicht ein naher Verwandter, etwa ein Bruder, des auf den Bildern 2 und 5 der Tafel I abgebildeten Klaus Barbie ist, ist der Schluss gerechtfertigt, dass mit sehr großer Wahrscheinlichkeit die beiden Männer identisch sind.“
Um Barbies Identität vollends zu enthüllen, hofften die französischen Ermittler auf ein Bekenntnis der amerikanischen Behörden, die zu diesem Zeitpunkt längst verdächtigt wurden, Barbie die Flucht ermöglicht zu haben. Der französische Botschafter in La Paz hatte bereits am 25. Februar bei der dortigen U.S. Botschaft eine Mitteilung hinterlegt, in der er die Vereinigten Staaten um Mithilfe bei der Identifizierung Altmanns bat. „He believes“, antwortete der amerikanische Botschafter Ernest Siracusa zunächst, „that Barbie was furnished documentation for a new identity as Klaus Altmann by U.S. forces“. Umgehend richtete die französische Botschaft in Washington am 9. März daraufhin eine formelle Note an das amerikanische Außenministerium, in der sie um die entsprechenden Dokumente bat.
Zwar schien sich das unter Druck geratene U.S. Außenministerium seiner „moralischen Verpflichtung“ im Fall Barbie bewusst geworden zu sein, doch mangelte es dem Ministerium an den jeweiligen Unterlagen, um den Beweis führen zu können, dass Klaus Barbie in der Tat von U.S.-Behörden mit der falschen Identität „Klaus Altmann“ ausgestattet worden war. Diese befanden sich nach wie vor in Händen der U.S.-Armee. Als das Pentagon Mitte Mai schließlich die entsprechenden Dokumente auf Druck des Außenministeriums erhalten hatte, zeigte man sich dort, bezeichnenderweise, zu keiner Kooperation bereit. Stattdessen musste sich das State Department, wie die erst im Jahr 2006 freigegebenen Akten belegen, mit der Antwort des Pentagons zufrieden geben, es sei eine Pflicht der nationalen Sicherheit, die Akten auch weiterhin unter Verschluss zu halten.
Am 19. Januar 1972 veröffentlichte die Pariser Zeitung „l’Aurore“ auf der Titelseite die von den Klarsfelds weitergeleitete Meldung, dass Barbie von Bolivien nach Peru ausgewichen sei und nun beabsichtige, in Paraguay, wo auch Bormann und Mengele vermutet worden waren, unterzutauchen. Mit dem Ziel, die südamerikanischen Staaten für die Verfolgung des NS-Verbrechers zu sensibilisieren, bestieg Beate Klarsfeld am 27. Januar ein Flugzeug in Richtung Lima. Ihre Behauptung, dass Klaus Altmann der gesuchte NS-Verbrecher Klaus Barbie war, konnte sie mit insgesamt vier Beweisen untermauern:
Klaus Altmanns Tochter, Ute (Uta-Maria), wurde am 30. Juni 1941 in Kassel geboren. Ute Barbie war zwar in Trier zur Welt gekommen, hatte aber die gleichen Geburtsdaten aufzuweisen. Klaus Altmanns Sohn, Klaus-Jörg, war am 11. Dezember 1946 in „Kasel“, bei Leipzig geboren worden. Mit Hilfe des Ersten Staatsanwaltes von München, Dr. Ludolph, konnte Beate Klarsfeld jedoch den Beweis liefern, dass der angegebene Bezirk „Kasel“ gar nicht existierte. Umso interessanter, dass der Sohn Klaus Barbies, der ebenfalls den Namen Klaus-Jörg trug, am selben Tag wie Klaus-Jörg Altmann geboren war, und zwar in der nordhessischen Stadt Kassel. Desweiteren stimmte der Vornamen von Frau Altmann mit dem Vornamen von Frau Barbie überein. Der Geburtsname war von Willms in Wilhelms nur minimal abgeändert worden. Nicht zuletzt hatte sie das Gutachten von Prof. Dr. Dr. Ziegelmayer bei sich, der auch auf humangenetischer Ebene den Beweis für die Übereinstimmung der Identitäten Altmanns und Barbies nachwies.
Zu einem Treffen mit Altmann kam es jedoch nicht. Ein peruanisches Polizeikommando hatte Barbie bereits die Flucht nach Bolivien ermöglicht. Noch in Lima bestritt Altmann vehement, mit Barbie identisch zu sein: „Ich kenne Klaus Barbie nicht! Ich selbst heiße Klaus Altmann und habe meinen Namen nie geändert!“. Auch den Vorwurf, er sei nach Peru geflüchtet, wies „Altmann“ zurück. Nach seinen Worten hielt er sich in Peru im Auftrag der bolivianischen Schifffahrtsgesellschaft auf, um dort über den Kauf von Schiffen für Bolivien zu verhandeln. Beate Klarsfeld musste sich eingestehen, dass sie in Lima einen Rückschlag erlitten hatte. Noch mit dem nächsten Flugzeug reiste sie nach La Paz und wurde drei Tage nach ihrer Ankunft festgenommen und des Landes verwiesen. Die Reise hatte dennoch ihren Zweck erfüllt: Barbie war zum Thema der internationalen Öffentlichkeit geworden. Und Jean Louis Mandereau, der Botschafter Frankreichs in La Paz, bekam am 1. Februar 1972 die Anweisung aus Paris, die Auslieferung Barbies formell zu beantragen.
Zehn Tage nach ihrem ersten Versuch, Barbie zu treffen, flog Beate Klarsfeld erneut nach Südamerika. Diesmal reiste sie zusammen mit Itta Halaunbrenner, die durch Barbie ihren Mann und ihre vier Kinder verloren hatte. Die „Nazijägerin“ kettete sich vor dem Gebäude der Transmaritima an und protestierte öffentlichkeitswirksam gegen die bolivianische Politik, die den gesuchten Kriegsverbrecher weiterhin vor einer Auslieferung schützte. Ebenso protestierte Klarsfeld gegen die amerikanische Besatzungsmacht in Deutschland, die eine Auslieferung Barbies im Jahr 1950 verweigert hatte. Diese Aktion brachte den Fall Barbie über Nacht endgültig auf die Titelblätter der Weltpresse.
Und doch hatte Barbie keinen Grund zur Sorge: Zum Einen aufgrund der Tatsache, dass zwischen Frankreich und Bolivien kein offizieller Auslieferungsvertrag bestand, desweiteren war Barbie entweder deutscher oder bolivianischer, aber gewiss kein französischer Staatsbürger. Eine Auslieferung an Frankreich schien daher ausgeschlossen. Ein Umstand, der Barbies zunehmende Ängste vor einer Strafverfolgung zusätzlich minderte, war der unverkennbare, persönliche Schutz, der Barbie durch Banzer zuteilwurde; das Interesse der französischen Regierung am „Fall Barbie“ nahm aufgrund dessen wieder ab.
Auch die Klarsfelds mussten sich eingestehen, dass die Kampagne an einem „toten Punkt“ angelangt war.
Im Juli 1978 musste Banzer nach erneuten politischen Unruhen und Streiks abtreten und aus Bolivien flüchten, woraufhin das Land in den darauffolgenden zwei Jahren drei Wahlen, drei Staatsstreiche und sechs Präsidenten erlebte. Von der politischen Orientierungslosigkeit profitierte der anhaltende Demokratisierungsprozess, der Ende 1979 erste konkrete Ergebnisse zeigte: Der linksgerichtete Hernán Siles Zuazo war 1979 und 1980 als Sieger aus den Präsidentschaftswahlen hervorgegangen.
Der darauffolgende Putsch des rechten Lagers, an dem nach Darstellungen der bolivianischen Linken Barbie maßgeblich beteiligt gewesen sein soll, und die anhaltenden Repressionen des Militärs, hatten die rechte Opposition zwar wieder an das politische Ruder gebracht, jedoch gelang es den verschiedenen, untereinander konkurrierenden Cliquen innerhalb des Militärs nicht, in der Folgezeit eine stabile Regierung auf den Weg zu bringen. Am 21. Juli 1982 war es schließlich General Guido Vildoso Calderón, der das Amt des Präsidenten übernahm und den Übergang zur Demokratie organisieren sollte, auch wenn ihm, als Vertreter des Militärs, die demokratischen Kräfte zunächst wenig Vertrauen entgegen brachten. Als die internationalen Zeitungen nach seiner Amtsübernahme auch noch davon berichteten, Barbie sei von Vildoso als Erster im Präsidentenpalast empfangen worden, richteten die Gewerkschaften umgehend ein Ersuchen an die neue Regierung, Barbie auszuliefern, da er den Putsch organisiert habe, durch den die Machtübernahme Siles Zuazos verhindert worden war. Siles selbst, der schließlich im Oktober 1982 auf demokratischem Weg zum Präsidenten Boliviens gewählt wurde, beteuerte gegenüber nationalen und internationalen Medien bereits vor seinem Amtsantritt, er verpflichte sich, den NS-Täter auszuliefern. Bolivien, so Siles, sollte nicht länger sein Ansehen in der Welt dadurch beschädigen, dass es als Zufluchtsort für NS-Kriegsverbrecher galt.
Nichtsdestotrotz sollte das Auslieferungsverfahren gegen Barbie gesetzmäßig verlaufen und zunächst vom Obersten bolivianischen Gerichtshof geprüft werden. Das Verfahren begann schließlich im Januar 1983, als der Generalstaatsanwalt den deutschen Auslieferungsantrag vorlegte.
Es stand zunächst außer Frage, dass Barbie nach Deutschland gebracht werden sollte, schließlich war er deutscher Staatsbürger und hatte die bolivianische Nationalität nur aufgrund falscher Personalangaben erhalten. Die Abschiebung in ein Drittland, in diesem Fall Frankreich, gestaltete sich hingegen als äußerst kompliziert.
Zwar wurde der deutsche Botschafter bei der neuen bolivianischen Regierung vorstellig, um die dortigen Bemühungen um Barbies Auslieferung voranzutreiben, doch schien die deutsche Regierung keineswegs an einer Überführung Barbies nach Deutschland interessiert gewesen zu sein.
Zwar beteuerte die deutsche Regierung gegenüber den bolivianischen und französischen Behörden, Deutschland würde nicht über die entsprechende Beweislage verfügen, um eine Verurteilung Barbies in Deutschland garantieren zu können, doch müssten weitere Untersuchungen dem Verdacht nachgehen, inwiefern die Regierung Kohl nach den Enthüllungen der „Filbinger-Affäre“ von 1978 unter Umständen auch darum bemüht gewesen war, durch den „Fall Barbie“ keine „alten Wunden“ aufreißen zu lassen und der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit deutscher Behörden und der Biographien führender CDU-Politiker während der Wahlperiode im Herbst 1983 unter keinen Umständen eine entsprechende Plattform zu bieten.
Die Regierung Frankreichs erwartete stattdessen eine breite Zustimmung der Bevölkerung für ihre Bemühungen, die sich vielleicht auch bei den Gemeindewahlen im März widerspiegeln würde.
Für die Franzosen war Barbie längst zu einer politischen Trumpfkarte avanciert, die sich der im Mai 1981 gewählte Regierungschef Francois Mitterand offenbar gerne etwas kosten ließ: Ein im Rahmen meiner Recherchen zu Tage gefördertes CIA-Memorandum vom Dezember 1983 bestätigt endgültig den Verdacht, dass die französische Regierung, die nach ihrem spektakulären Wahlerfolg vom Mai bereits deutlich an Popularität eingebüßt hatte, mit Vertretern der bolivianischen Regierung zu einem geheimen Tauschabkommen bereit war. Der Umfang dieses Tausches mag indes verblüffen:
„In exchange for Klaus Barbie the French Government secretary agreed to provide Bolivia with a substantial quantity of Arms (up to 50 tons) in multiple shipments. The Bolivian Government assured the French that the Weapons including small arms, machine guns, anti-tank weapons, and ammunition, would be used for „Police narcotics work“.
Dass sich die CIA keine Illusionen über die eigentliche Verwendung dieser enormen Waffenlieferung machte, belegen die darauffolgenden Zeilen:
„The Arms have probably been used to equip a secret Paramilitary Force for President Siles‘ National Revolutionary Movement of the Left (MNRI) Party. [..]“.
Auf der Basis dieses Abkommens, und entgegen aller aufgekommenen Zweifel an einer tatsächlichen Auslieferung Barbies durch die bolivianische Regierung, teilte der Innenminister Boliviens, Mario Roncal, den Botschaftern Frankreichs und Deutschlands am 27. Januar überraschend mit, dass die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nicht abgewartet werden würde, sondern Barbie umgehend ausgewiesen werden solle.
Am 4. Februar 1983 wurde Barbie vom Gefängnis zum Flughafen Al Alto gebracht und mit einer bolivianischen Maschine nach Cayenne in Französisch-Guyana abgeschoben Die Bundesregierung hatte am 26. Januar, in der Antwort auf die Anfrage der Bolivianer bezüglich einer Auslieferung Barbies nach Deutschland, ihr Auslieferungsbegehren hinter dem Ersuchen der Franzosen zurückgestellt. In Guyana verhafteten schließlich französische Sicherheitskräfte den wegen seiner Kriegsverbrechen gesuchten Barbie und flogen ihn nach Lyon, wo er im Gefängnis Montluc inhaftiert wurde. Der ehemalige Gestapo-Chef war wieder an den Ort seiner Verbrechen zurückgekehrt.
Reaktionen auf den Beitrag
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würde mich nicht wundern, wenn die Leute vom Spiegel ihre Infos aus dem oben erschienenen (äußerst interessanten und anspruchsvollen) Interview schöpften und einen Beitrag zusammenschusterten.
Bekannt ist ja seit langem, dass zwischen BND und SPIEGEL enge Beziehungen bestehen - hat der SPIEGEL die brisanten Infos vorher durch die Öffentlichkeit gezogen, um einer kritisch-wissenschaftlichen Aufarbeitung von Hammerschmidt vorweg zu greifen? Greifen da mehr Hände ineinander als man meint?
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Ein junger Nachwuchswissenschaftler mit Perspektive, wie mir scheint!
Am interessanten sicher die BND-Recherche! Der aktuelle Artikel im SPIEGEL (13.01.) geht demnach falsch in der Annahme, dass es noch nie jemand geschafft hätte, die BND-Archive einsehen zu dürfen.
Bin äußerst gespannt auf weitere Berichte des jungen Forschers!