Am Anfang jeder historischen Arbeit steht das Quellenstudium. Das Suchen, Lesen, Auswerten und Einordnen von Quellen ist die Grundlage jeder historischen Forschung. Dieser Arbeitsprozess ist für die Öffentlichkeit, die das historische Buch als Endprodukt des Forschungsprojekts in der Hand hält, meist unsichtbar. Die Historikerin Prof. Dr. Francisca Loetz von der Universität Zürich wollte genau diesen Prozess für eine beite Öffentlichkeit sichtbar machen und hat sich für dieses Anliegen für das Medium Film entschieden. Das Video mit dem Titel Tatort Archiv: Einem Gotteslästerer auf der Spur, das bei L.I.S.A. in einer deutsch- und in einer englischsprachigen Fassung vorliegt, ist das Ergebnis dieses Vorhabens. Welche Konzeption und Erzählung hinter diesem Film steckt, dazu haben wir Professor Loetz unsere Fragen gestellt.
"Das Archiv verkümmert zur Kulisse"
L.I.S.A.: Frau Professor Loetz, Sie haben für einen Kurzfilm über das Arbeiten mit Quellen im Archiv das Drehbuch geschrieben. Wie kam es überhaupt zu der Idee, über Quellenarbeit im Archiv einen Film zu produzieren?
Prof. Loetz: Professionelle filmische Dokumentationen zu historischen Themen wie auch die bescheideneren filmischen Selbstdarstellungen von Forschungsprojekten lieben es, zumeist männliche Experten in Szene zu setzen. Sie schreiten in effektvoller Beleuchtung durch Räume, beugen sich ehrfurchtsvoll über Dokumente oder stehen bewundernd vor Kunstschätzen. Sie vermitteln Forschungsergebnisse und halten mit rhetorischen Fragen den Spannungsbogen. Auch „talking heads“ wissen alle Fragen zu beantworten. Das Archiv verkümmert hierbei zur Kulisse. Solche Darstellungen sind für mich als Forscherin und Dozentin unbefriedigend. Der Forschungsprozess verschwindet im Hintergrund, statt im Vordergrund zu stehen. Daher wollte ich den Versuch unternehmen es „besser“ zu machen. Endlich sollte einmal das Archiv als „Tatort“ historischer Forschung im Zentrum stehen.