Das Nachwuchsforum veranstaltete auf dem 35. Deutschen Kunsthistorikertag (auf dem sich übrigens wie immer auch Kunsthistorikerinnen befanden) einen Science-Slam. Neun Teilnehmer*innen traten gegeneinander an, indem sie in vorgebener kreativer und unterhaltsamer Weise ihre derzeitigen Forschungsarbeiten vorstellten: Dazu gehörten Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten aber auch eine persönliche Beschäftigung mit den in Erinnerung gebliebenen Weisheiten des Opas. Die Regeln waren streng: Jede*r hatte exakt fünf Minuten, deren Ende ein rotes Stoppschild ankündigte. Passend zum Kongressthema, vor allem aber zur knapp bemessenen Zeit lautete das frei nach Georg Christoph Lichtenberg gewählte Motto: „... die kleinen Dinge für wichtig zu halten.“ So lernten wir im Publikum zum Beispiel, dass das Krupp-Unternehmen Kanonen als Anstecknadeln an Mitarbeiter*innen verschenkte (Sebastian Bank, Bonn), dass jedes Ding durch Interaktion zum Träger einer Geschichte werden kann (Helen Bremm, Stockholm), dass sich William Hogarth gern mit kranken Körpern beschäftigt (Alina Hofmann, Bonn) und was Kraken mit der Sinnesphysiologie des 19. Jahrhunderts zu tun haben (Thomas Moser, München). Darüber hinaus konnte man erfahren, wie Bauhaus-Teekannen aussehen (Alexandra Panzert, Hannover), warum die breite Treppe in der Münchner Residenz in Wirklichkeit ganz schmal ist (Shubhangi Prolingheuer, Münster),dass jeder Science-Slam ‚Cat-Content‘ braucht (Frederike Schmäschke, Stuttgart), dass wissenschaftliche Kategorien genauso porös sind wie Steine (Freya Schwachenwald, New Haven/Heidelberg) und dass sich in unscheinbaren Schuppen manchmal Wissmann-Denkmäler verstecken.
Schreibt man sich die Teilnahme an einem Science-Slam eigentlich in den Lebenslauf? Wissenschaftskommunikation ist jedenfalls sehr gefragt.
Dennoch schien es an manchen Stellen so, als seien sich die Kunsthistoriker*innen über das Format des Science-Slams noch nicht ganz einig gewesen. Während manche versuchten ihre Dissertation in fünf Minuten vorzustellen, war es anderen vorrangig daran gelegen, das Publikum zum Lachen zu bringen. Ebenso schwierig gestaltete sich daher auch die Bewertung für die Zuhörer*innen. Dabei war es wichtig, sich über Bewertungskriterien einig zu sein, denn am Ende wurde die Gewinnerin auf hochwissenschaftliche Weise ermittelt: Mit einer Applausometer-App, die verspricht die Höhe- und Tiefpunkte der Veranstaltung konkret identifizieren zu können. Dafür mussten alle Teilnehmer*innen nocheinmal einzeln vortreten und sich dem Applaus vom Publikum stellen. Und das hat sich, so vertrauliche Insiderinformationen, dann doch mitunter unangenehm angefühlt.
So bleibt am Ende ein fader Beigeschmack: anders als die Nachwuchswissenschaftler*innen waren die etablierten Wissenschaftler*innen in den anderen Foren nicht der Echtzeit-Reaktion des Publikums hilflos ausgeliefert, sondern konnten in der Diskussionszeit danach Rede und Antwort stehen.
Den Science-Slam hat übrigens Freya Schwachenwald gewonnen. Zu Recht: Sie hat in gekonnter Weise – frei und mit dem Slam-typischen Singsang vorgetragen – Roger Bernats Geschichte von zwei Steinen erzählt (einer davon eine Replik), die im Zuge der Documenta 14 über den Balkan von Athen nach Kassel gereist sind (The Place of a Thing, 2017) – und es dabei nicht versäumt Jacques Derrida zu zitieren. Ihr Preis? Drei Bücher.