Bildschirme sind heute unsere allgegenwärtigen Begleiter - ob zu Hause der Fernseher, das Tablet, der PC-Monitor oder unterwegs das Smartphone. Entsprechend werden wir von Bildern geflutet, die auf uns direkt und unvermittelt einwirken bzw. "etwas mit uns machen". Die Kulturwissenschaftlerin und Gerda Henkel Promotionsstipendiatin Nina Franz konzentriert sich im Rahmen ihres Dissertationsprojekts auf die Frage, wie Bilder eingesetzt werden, um Herrschaft und Gehorsam zu produzieren und nimmt dabei vor allem Kriegstechniken in verschiedenen historischen Epochen unter die Lupe. Wir haben ihr dazu unsere Fragen gestellt.
"In diesen Bildanordnungen verschmelzen faktische und normative Elemente"
L.I.S.A.: Frau Franz, Sie arbeiten gerade an Ihrer kulturwissenschaftlichen Dissertation. Der Arbeitstitel: „Militärische Bildtechniken und Gehorsamsproduktion“. Bevor wir auf Ihr Thema konkreter eingehen – was hat Sie zu diesem Thema bewogen? Welche Beobachtungen und Vorüberlegungen gingen dem voraus?
Franz: Am Anfang der Arbeit stand die Beobachtung, dass Bilder in der Kriegsführung heute eine ganz neue und wichtige Rolle spielen. Das gilt natürlich für sehr viele Bereiche, auch im zivilen Kontext, seit Bildschirme, und damit auch Bilder, einen so hohen Stellenwert für praktisch jede Form der Kommunikation gewonnen haben. In militärischen Kontexten gibt es da eine besondere Zuspitzung, die mich in meiner Arbeit interessiert.
Zum einen sind da die nie dagewesenen Möglichkeiten der Bildgebung zum Zweck der Aufklärung und Überwachung. Hochauflösende Kameras, die, mit Satelliten- und Drohnentechnologien über riesige geographische Distanzen und über das gesamte elektromagnetische Spektrum hinweg, zeitlich quasi unbegrenzt spähen und beobachten können. Hier werden unermessliche Mengen an Bilddaten erzeugt, die, häufig in Echtzeit und durch den Einsatz künstlicher Intelligenz, ausgewertet und interpretiert werden müssen. Über die Folgen dieser Bilderflut, und über die ethischen Fragen der distanzierten Kriegführung allgemein, wird seit einiger Zeit sehr viel diskutiert und geschrieben. Aber die Frage der Distanz und der scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten der visuellen Informationsgewinnung ist nur eine Seite der großen Veränderung, die ein am Bildschirm geführter Krieg mit sich bringt.
Auf der anderen Seite gewinnt das Bild über die graphische Benutzeroberfläche des Computers auch einen zentralen Stellenwert für die operativen Abläufe des Militärs. Was heißt es zum Beispiel, wenn Befehle und Informationen, die für Tötungsentscheidungen relevant sind, nicht nur im Medium der Schrift und der Sprache, sondern über Bilder, Visualisierungen und Echtzeit-Simulationen übermittelt werden? In diesen Bildanordnungen verschmelzen faktische und normative Elemente auf eine Weise, die vielleicht gar nicht so neuartig, in jedem Fall aber prägend ist, und deren Implikationen weit über den militärischen Kontext hinaus gehen. Das alles steht im Kontext von Überlegungen und Theorien, die die Gebrauchsweisen von Bildern schon seit Jahrhunderten begleiten, die aber ganz besonders im 20. Jahrhundert, im Bezug auf Fotografie, Film und rechnergestützte Bildgebung, die Fragwürdigkeit von Bildern auf den Plan rufen.
Reaktionen auf den Beitrag
Kommentar
Insofern finde ich diesen Beitrag hier auch sehr interessant, weil beschrieben ist, dass die Wirksamkeit von Bildern sogar weit über den Aspekt der Meinungsbildung oder Meinungsmanipulation hinausgeht, ja gar mit Befehl und Gehorsam in Verbindung gebracht werden kann.