Seit Oktober 2013 ist Dr. Frauke Kenkel Direktorin des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes in der jordanischen Hauptstadt Amman. Sie studierte in Köln und Bonn Klassische Archäologie, Archäologie der römischen Provinzen und Ethnologie. Über sechs Jahre lang arbeitete Dr. Frauke Kenkel auf Ausgrabungen in und um Köln und als wissenschaftliche Hilfskraft am Biblisch Archäologischen Institut in Wuppertal und der Philosophischen Fakultät der Universität Köln. Zudem war sie in Projekten in der Türkei und Mexiko (Yucatan) tätig. Seit einigen Jahren gräbt sie im Norden Jordaniens den besiedelten Hügel Tall Zira'a aus. Wie sie die Flüchtlingsbewegung und die Zerstörungen der antiken Stätten in Syrien einschätzt und welche Auswirkungen auf Jordanien zu befürchten sind, dazu haben wir ihr einige Fragen gestellt.
"Auch Jordanien kann jederzeit von den Übergriffen betroffen sein"
L.I.S.A.: Der „Islamische Staat“ hat der Vergangenheit den Krieg erklärt und nicht nur nach Angaben der irakischen Regierung die Ruinen der Stadt Hatra gesprengt, sondern nun auch den Baaltempel in Palmyra dem Erdboden gleichgemacht. Welche Reaktionen gibt es auf die Zerstörungen bei Ihnen am DEI und bei der jordanischen Bevölkerung? Wurden Initiativen für die Rettung und den Erhalt der archäologischen Stätten in Syrien von jordanischer Seite aus gestartet?
Dr. Kenkel: Die Zerstörung des syrischen Kulturguts erschüttert uns natürlich genauso wie unsere jordanischen Kollegen. Die Nachrichten und Informationen, die uns mittlerweile ja leider schon täglich erreichen, machen deutlich, wie sehr wir darauf achten müssen unser Wissen zu archivieren. Vor diesem Hintergrund ist es zur Zeit unser großes Anliegen, die bisher in Jordanien durchgeführten Ausgrabungen des DEI bestmöglich zu dokumentieren und zu archivieren, damit all die bisher durchgeführte Arbeit nicht umsonst war. Es ist in den Hinterköpfen, dass auch Jordanien jederzeit von den Übergriffen betroffen sein kann und so setzten wir alles daran zumindest die Dokumentation so vollständig und so schnell wie möglich abzuschließen. Seit 2011 befindet sich Frau PD Dr. Karin Bartl, Leiterin der Außenstelle Damaskus des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) ebenfalls am DEI Amman. Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen des DAI in Berlin dokumentiert sie das syrische Kulturgut, um alle vorhandenen Informationen in einer zentrale Datenbank zu sammeln. Auf diese Weise wäre es sogar teilweise möglich, anhand alter Aufnahmen, zerstörte Antiken wieder aufzurichten. Von jordanischer Seite aus reagiert man vorrangig auf die Flüchtlingssituation. Diese enorme Herausforderung für dieses doch eher vergleichsweise kleine Land ist so groß, dass man keine Kapazitäten hat auf syrischer Seite einzugreifen. Das Department of Antiquities of Jordan (DoA) reagiert aber schon seit längerem auf die Bedrohung der Antiken, in dem es verschiedene Projekte ins Leben gerufen hat, die vor allem darauf abzielen, das kulturelle Bewusstsein der lokalen Bevölkerung für die eigene Geschichte zu stärken. Das ist ein ganz zentraler Punkt innerhalb der Bemühungen das kulturelle Erbe jeden Landes zu bewahren. Darüber hinaus werden vor allem die Grenzen zu Syrien und dem Irak stark überwacht, um den illegalen Handel mit geklauten Kulturgütern zu unterbinden.