Was sind die Digital Humanities für die Geschichtswissenschaften? Ein eigener Fachbereich oder reihen sie sich eher in die Historischen Hilfs- und Grundwissenschaften (HGW) ein, so wie unter anderen Diplomatik, Paläographie, Epigraphik, Heraldik oder Sphragistik? Wer und auf welcher wissenschaftlichen Grundlage setzt die methodischen Standards für den Umgang mit digitalen Quellen- und Datenbeständen? Wie müsste eine Neuausrichtung grundwissenschaftlicher Curricula, die stärker digitale Methoden in die Lehre integrieren, aussehen? Zu diesen und anschließenden Fragen beziehen Stellung: Jun.-Prof. Dr. Étienne Doublier, Historische Hilfswissenschaften (Bergische Universität Wuppertal), Jun.-Prof. Dr. Torsten Hiltmann, Geschichte des Hoch- und Spätmittelalters / Historische Hilfswissenschaften (Westfälische Wilhelms-Universität Münster), Prof. Dr. Andrea Stieldorf, Institut für Geschichtswissenschaft, Abteilung für Historische Hilfswissenschaften und Archivkunde (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn) und Prof. Dr. Georg Vogeler, Zentrum für Informationsmodellierung in den Geisteswissenschaften (Karl-Franzens-Universität Graz).
Konferenz
Die Digital Humanities werden häufig als digital transformierte Bearbeitung von Fragestellungen aus den verschiedenen beteiligten Fächern beschrieben. Daneben entsteht der Eindruck, dass die DH in weiten Teilen eine daten-, algorithmen- und werkzeuggetriebene Wissenschaft sei, die von ihren unmittelbaren Möglichkeiten und ihren Praktiken dominiert sei. Wie lässt sich dies aber mit dem kritischen Anspruch der Geisteswissenschaften vereinbaren? Gibt es im Umgang mit digitalen Medien, in der Modellierung, Operationalisierung und Formalisierung der Arbeit mit Computern implizite, stillschweigend akzeptierte Agenden, die einer Reflexion durch einen „Intellectual Criticism“ bedürfen?
Die Tagung soll den Fokus auf die kritische Dimension digitaler Forschung richten und damit Denkanstöße zu Theoriebildung und Epistemologie der digitalen Forschung geben. In diesem Rahmen sollen auch gesellschaftliche, soziale und politische Dimensionen der in allen Bereichen wirksamen Digitalisierungsprozesse unter so heterogenen Begriffen wie Interaktionsformen, Partizipation, Bildung, Digital Literacy sowie Auswirkungen und Rückwirkungen der Digitalität auf Wissenschaft und Gesellschaft diskutiert werden.
Im Rahmen der Tagung sollen daher unter anderem folgende Fragen verfolgt werden:
– Kritik der Digitalisierung – Formate, Standards und Praktiken
– Kritik digitaler Angebote, Projekte und Werkzeuge
– Kritik der digitalen Methoden
– Kritik der digitalen Geisteswissenschaften (traditionelle Fächer und DH)
– Kritik der digitalen Wissenschaftstheorie
– Kritik der digitalen Gesellschaft
Darüber hinaus sind Vorträge zu allgemeinen Themen aus dem Bereich der DH sowie die Diskussion von positiven und negativen, eigenen und fremden Projektergebnissen willkommen.