Autorin: Dr. Agnieszka Lulinska, Projektleiterin der Bundeskunsthalle
Die Idee einer „Bundeskunsthalle“ oder „Kunsthalle Bonn“ ist so alt wie die Republik selbst und die Diskussion über die Ausgestaltung ihrer Hauptstadt. Doch während Bonn 1949 um seine politische Zukunft noch bangen musste – erst am 3. November 1949 fand die entscheidende Abstimmung im Deutschen Bundestag statt –, hatte das Projekt Bundeskunsthalle bereits seine erste Lobby. Wie der General-Anzeiger am 17. Oktober 1949 berichtete, diskutieren 120 geladene Künstler die Möglichkeit der Errichtung einer Kunst- und Ausstellungshalle in Bonn. Nach vierzig Jahren zähen Ringens um Ausgestaltung, Standort und Funktion eines solchen Hauses legte Bundeskanzler Helmut Kohl am 17. Oktober 1989 den Grundstein für die von Gustav Peichl entworfene Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland.
Dies geschah vor dem Hintergrund politischer Umwälzungen in Mittel- und Osteuropa und wenige Tage vor der Öffnung der Berliner Mauer. Nachdem die Deutsche Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 vollzogen wurde, beschloss der Deutsche Bundestag am 20. Juni 1991 mit denkbar knapper Mehrheit, seinen Sitz von Bonn nach Berlin zu verlegen. Und während nach dem Hauptstadtbeschluss über die Zukunft der Bonner Großbauprojekte debattiert wurde, war auf der Baustelle an der B9 die Erweiterung der so genannten „Säulenallee“ von ursprünglich elf auf nunmehr sechzehn Stelen, welche die frisch vereinten Bundesländer als die „Säulen der deutschen Kultur“ symbolisieren sollen, längst beschlossene Sache.
Der markante Neubau an der einstigen „Diplomatenrennbahn“ wurde nach den Plänen des Wiener Architekten Gustav Peichl errichtet. Es war nicht zuletzt der heitere, poetische Charakter seiner Architektur, der unter den 35 eingereichten Entwürfen des vom Bundesbauminister 1985 ausgelobten Ideenwettbewerbs überzeugte – vor Josef Paul Kleihues aus Berlin und von Gerkan, Marg + Partner aus Hamburg. Dazu ein Auszug aus dem Juryprotokoll im Oktober 1986: „Der überarbeitete Entwurf versucht verstärkt, Demokratie in der Mitte Europas sowohl funktionell als auch gestalterisch in den Neubau der Kunsthalle Bonn einzubringen. Abgeschlossene funktionsgerechte Raumentwicklung einerseits und eine durch einen poetischen Charakter versuchte Ausstrahlung nach Außen geben dem Bauwerk eine eigenständige Physiognomie. (...) Die aufregenden individuell gestalteten Lichttürme mit Steinverkleidung und Kupferblechabdeckung sollen den kulturellen und künstlerischen Inhalt des Gebäudes signalisieren.“ Die drei markanten, elegant zugespitzten Lichtkegel, die heute in einer leuchtend blauen Majolikaverkleidung erstrahlen, sollten sich von Beginn an zum Wahrzeichen der Kunst- und Ausstellungshalle entwickeln.
Der Auslobungstext zum Wettbewerb um die Bundeskunsthalle fasste die Nutzungsvorgaben in die beiden großen Blöcke „Ausstellung“ und „Kommunikation“ zusammen. Nicht nur der Architekt, auch das Team der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland fühlte sich dieser Aufgabe stets verpflichtet: Seit ihrer Eröffnung am 19. Juni 1992 zeigte die Bundeskunsthalle über 150 Ausstellungen und entwickelte sich mit ihrem vielfältigen Veranstaltungsprogramm zu einem lebendigen Begegnungsforum für die Bonner Bürger wie auch für die Besucher aus dem In- und Ausland.