Gera erlebt einen rasanten Wandel: noch in den 1920er Jahren eine der wohlhabendsten Städte Deutschlands, wird sie in der DDR zur sozialistischen Bezirksstadt umgebaut und versucht nach der Wiedervereinigung 1990 einen Neuanfang. Zwischen Arbeitslosigkeit, Abwanderung und Relevanzverlust sucht die Stadt nach Anknüpfungspunkten, um ihre eigene Identität wieder zu erlangen. Gera als sozialistische Großstadt, ihre Städtebaupolitik und Architektur, ihre Großbetriebe und Umwelt sowie der revolutionäre Bruch von 1989 – diese Themen möchten wir gemeinsam mit Experten und Publikum diskutieren.
PROGRAMM
9.00 Grußwort:
Christian Dietrich (Landesbeauftragter des Freistaats Thüringen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur)
9.15 STAAT, BEZIRK, MACHT
SOZIALISTISCHER AUFBAU UND HERRSCHAFTSSICHERUNG
Die DDR ist ein von der SED zentral gelenkter Staat und Ostberlin sein Zentrum. »Alles fließt nach Berlin« ist ein geflügeltes Wort unter den Ostdeutschen. Doch es gibt auch eigene Interessen und herrschaftspolitische Besonderheiten in den Bezirken. Mit dem Fokus auf die Urbanisierungspolitik in Gera möchte das Panel das Spannungsverhältnis zwischen zentralen Vorgaben und deren konkreten Umsetzungen vor Ort beleuchten.
Impulsgeberin: Lena Kuhl (Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam)
Diskutanten: Dr. Bertram Triebel (Historiker, Frankfurt am Main); Horst Jäger (Oberbürgermeister der Stadt Gera 1988 – 1990)
Moderation: Dr. Peter Wurschi (Stiftung Ettersberg, Weimar)
10.15 – 10.45 Kaffeepause
10.45 GERA ALS SOZIALISTISCHE GROßSTADT
ARCHITEKTUR UND STÄDTEBAUPOLITIK
1952 wird Gera Bezirksstadt mit städtebaulichen Auswirkungen: Planungen für erste Neubauviertel beginnen. Der Umbau folgt der sozialistischen Moderne und dem Übergang zum industriellen Bauen. In den 1970ern wächst Gera rasant, die »Platte« wird Heimat vieler. Im Spannungsfeld zwischen dem Erhalt und dem Abriss alter Stadtstrukturen: Wie will Gera zukünftig mit dem sozialistischen Bauerbe umgehen?
Impulsgeber: Kay Richter (Architekturhistoriker, Perleberg)
Diskutanten: Christoph Liepach (Designer und Buchautor über Gera-Lusan, Leipzig); Dr. Hans-Georg Tiedt (Stadtarchitekt der Stadt Gera 1972 – 1989) Juliane Richter (Kunsthistorikerin, Leipzig)
Moderation: Dr. Mark Escherich (Bauhaus-Universität Weimar)
12.00 – 13.00 Mittagspause
13.00 WISMUT: GROßE LIEBE – UMWELTSÜNDE Die SDAG Wismut ist Teil der Geschichte Geras. Sie gab Menschen Arbeit und ist Bezugspunkt vieler Biografien. Durch den Uranabbau wurden tiefgreifende Umweltschäden in der Region verursacht, die noch immer sicht- und spürbar sind. Welche Spuren hinterlässt die Wismut in der Landschaft und im kollektiven Gedächtnis der Geraer?
Impulsgeberin: Dr. Juliane Schütterle (BStU, Berlin)
Diskutanten: Grit Ruhland (Umweltkreis Ronneburg, Paitzdorf); Tilo Wetzel (ehemaliger Wismut-Kumpel, Gera)
Moderation: Frank Karbstein (Vorstandsvorsitzender der Gedenkstätte Amthordurchgang e.V., Gera)
14.00 – 14.30 Kaffeepause
14.30 FRIEDLICHE REVOLUTION 1989/90: VON UM- UND AUFBRÜCHEN
Zum 17. Juni 1953 kocht in Gera die Wut – im Herbst 1989 ist es eher ein »Wütchen«. Warum fasst der Geist der Veränderung 1989 in Gera erst recht spät Fuß? Und welche Hoffnungen verbanden die Menschen mit dem Umbruch? Vieles aus der Zeit vor 1989 ist seitdem verschwunden:
Gewissheiten, historische Orte, Zuversicht. Wir begeben uns auf eine biografische und topografische Spurensuche.
Impulsgeberin: Dr. habil. Jeannette van Laak (Simon-Dubnow-Institut, Leipzig)
Diskutanten: Matthias Röder (ehem. Neues Forum, Gera); Christian Matern (Politikwissenschaftler und Projektentwickler, Gera)
Moderation: Ullrich Erzigkeit (ehem. Chefredakteur der OTZ, Gera)
15.30 – 16.00 Kaffeepause
16.00 WAS WILL GERA? – VERGANGENHEIT ALS CHANCE PODIUMSDISKUSSION ZU IMAGE, ZEITGESCHICHTE, ZUKUNFTSPLAN
Vier historische Themen, die das Selbstverständnis Geras im Blick haben.
Viele Fragen, die zum Nachdenken über die eigene Vergangenheit einladen und zugleich zur Positionierung herausfordern. Wie soll mit dem
(sozialistischen) Erbe umgegangen werden? Wie kann ein konstruktiver und differenzierter Umgang mit der Vergangenheit aussehen und welche Chancen stecken darin für die Stadt?
Diskutanten:
Roland Jahn (Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdiensts der ehemaligen DDR, Berlin)
Thomas Leidel (Stadtplaner im Dezernat Bau und Umwelt der Stadt Gera)
Dr. Merle Fuchs (Geschäftsführerin des Technologie- und Gründerzentrums Gera)
Daniel Zein (Kulturmanager und Rückkehrer, Gera)
Moderation: PD Dr. Jörg Ganzenmüller (Vorstandsvorsitzender der Stiftung Ettersberg, Weimar)
17.30 Ende der Veranstaltung