Die Vernichtung von Wissensbeständen durch Feuer weckt im ersten Moment Assoziationen an die Antike - an den Brand der Bibliothek von Alexandria oder den der Kaiserlichen Bibliothek von Konstantinopel. Heute scheint es aufgrund von technischen Möglichkeiten kaum noch vorstellbar zu sein, dass eine Bibliothek, ein Archiv oder ein Museum komplett den Flammen oder anderen Katastrophen zum Opfer fallen kann. Und doch gibt es auch für die Gegenwart und die jüngere Vergangenheit immer noch zu viele Beispiele: der Brand in der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar im September 2004 (auch in der Nacht vom 2. auf den 3. September) oder der Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln im Jahr 2009. Nun hat sich vor wenigen Tagen in Brasilien eine Katastrophe von ähnlich großen Ausmaßen ereignet: im brasilianischen Nationalmuseums in Rio de Janeiro, das vom 2. auf den 3. September bis aus die Außenmauern niedergebrannt ist. Zwanzig Millionen Objekte, darunter zahlreiche von weltkultureller Bedeutung, sind dabei unwiederbringlich vernichtet worden. Wir haben Prof. Dr. Hermann Parzinger, Präsident die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, um eine persönliche Einschätzung der Lage gebeten.
"Ein kaum fassbarer Verlust"
L.I.S.A.: Herr Professor Parzinger, in Rio de Janeiro ist das Nationalmuseum, das Museu Nacional, niedergebrannt. Zwanzig Millionen Objekte sollen unwiederbringlich vernichtet worden sein. Was waren Ihre ersten Gedanken, nachdem Sie von diesem Brand erfahren haben? Denkt man da gleich an Alexandria oder Konstantinopel 473 n. Chr.? Denkt man an die eigenen Museen?
Prof. Parzinger: Zunächst einmal war das ein riesiger Schock, als ich davon hörte. 20 Millionen Objekte für immer unwiederbringlich verloren, das kann man sich gar nicht vorstellen, das macht schlicht sprachlos. Wenn das wirklich wahr ist, dann kommt das schon Dimensionen gleich, die dem Brand der Bibliothek von Alexandria gleich kommen. Ein gigantisches Archiv des Menschheitswissens wäre für alle Zeit verloren, ein kaum fassbarer Verlust. Was unsere eigenen Museen betrifft, so bin ich beruhigt, weil ich weiß, welche enorm aufwändigen Maßnahmen wir ergreifen, was Brandschutz und andere Sicherheitsmaßnahmen betrifft. Das ist bestens investiertes Geld. Aber der Brand der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar oder der Einsturz des Stadtarchivs in Köln vor einigen Jahren zeigten, dass solche Katastrophen durchaus auch bei uns passieren können.
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